Vor einiger Zeit las ich eine TfP Ausschreibung für ein Shibari oder auch Kinbaku Fotoshooting. Ich wusste, dass es sich um eine japanische Fesselkunst handelte, welche erst im Krieg und später auch „im Bett der Japaner“ eine Rolle spielten. Mich interessiert Japan seit vielen Jahren sehr und dies betrifft nicht nur den Kampfsport. Nach einer ersten Kontaktaufnahme war für mich noch nicht klar, was ich shoote, wie ich es shoote und ob ich shoote. Gerade weil ich keine Ahnung hatte, wollte ich sehr geplant vorgehen. Die junge Frau, welche den Auftrag ausgeschrieben hatte, war sich bei mir ebenfalls nicht sicher.

An einem Freitag bin ich dann nach Jena gefahren, um mir ein Bild zu machen – ohne Kamera. Man traf sich dort und übte für den nächsten Tag, an dem das eigentliche Shooting stattfinden sollte. Nach 90 min bin ich wieder gefahren und wusste, was für Bilder auf dem Chip meiner Kamera entstehen könnten. Was ich nicht begriffen habe: Warum lässt man sich so weh tun und was könnte der Unterschied zu den westlichen sexuellen Fesselpraktiken sein? Wo ist das Kunst? Was ist der Kick? Ich bin mit mehr Fragen weggefahren, als ich gekommen war. Ob ich absage? Die Entscheidung war schwer. Das war nicht meine Welt! Aber ich verfüge irgendwie über ein hohes Maß an Neugier.

Am nächsten Morgen habe ich dann doch Kamera, Blitze und Reflektoren eingepackt. Jemand, der mir oft bei Fotos hilft, war auch mit dabei. Noch ehe wir auf der Autobahn waren hieß es: Aber bitte keinen Link auf mich in Facebook 🙂 Ich hatte für mich schon längst beschlossen, dass die Bilder nicht auf Facebook kommen sollen. Vielleicht würden sie nie veröffentlicht werden.

Und nun hab ich doch einige hochgeladen. Warum?

Im Gegensatz zum Vortag habe ich die akkuraten Vorbereitungen gesehen und auch die Freude in den Gesichtern der Beteiligten. Da war ich baff. Ja, es muss weh getan haben. Wenn jemand mir Seile so um den Körper schlingt, dass sie sich dann tief in meinen Körper ziehen, dann würde ich nach meiner Befreiung ganz sicher eine körperliche Auseinandersetzung „wünschen“. Das zweite Mal wurde ich überrascht, als ich die exakten Abläufe erkannte und auch die Symmetrie der Fesselung und die exakte Platzierung von Knoten, um Schmerzen auszulösen oder nicht. Das ganze hatte eine sexuelle Note, die aber nach meinen Eindrücken nicht an erster Stelle stand. Als das Model wieder auf dem Boden lag und die Fesseln gelöst wurden, sah man vollkommen glückliche und entspannte Gesichter. Die junge Frau war voll mit Endorphinen. Es war für mich nur feststellbar, aber nicht nachvollziehbar, warum sie so extrem glücklich war. Aber ich spürte diese intime Verbindung, welche die Akteure miteinander eingingen. Ich habe nun einige der Fotos hochgeladen. Es sind Fotos einer anderen Kultur die ein hohes Maß an Vertrauen brauchten. Danke dafür!

Zum Fotografischen

Aufgenommen wurden die Fotos in einer Art Reportage. Es war nicht möglich zu positionieren oder verschiedene Lichtsetups auszuprobieren. Das Shooting fand in einer kleinen und nicht hellen Einraumwohnung statt. Als Lichtquellen benutzte ich zwei LED Strahler, welche ich sonst nur für Unterwassershoootings benutze. Eine 35 mm und eine 50 mm Festbrennweite holten das Licht auf den Chip. Die Bearbeitung wurde mit klaren Vorgaben von der Riggerin gemacht. Keine Retusche von blauen Flecken, Hautrötungen etc. Ich würde das Shooting gerne unter besseren Lichtbedinungen wiederholen. Auch wünsche ich mir mehr Zeit für die Auswahl von Licht und Perspektive. Die jetzigen Bilder sind ein erster Versuch und stellen mich nicht voll zufrieden.